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Presseartikel
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Heute beschäftigen
wir uns in der Reihe „Sinnlose
Polemiken" mit den Vega-nern. Deren Attraktivitätspotenzial liegt irgendwo
zwischen Liegeradfahrern und Vollschleier-Trägerinnen. Habe ich gedacht.
Und wurde jäh einer lieben Gewissheit beraubt. Winnenden
ist die Hauptstadt der Veganer-Zunft im Rems-Murr-Kreis. Veganer, die
Hardcore-Version der Vegetarier, sind normalerweise eine eher unauffällige
Spezies Mensch. Nicht gerade verschämt, aber.. . sie, die totalen
Tierprodukt-Verzichtler, fürchten diesen barmherzigen Blick ihrer
Umwelt: Och, die Arme, hat schon ganz dünne Ärmchen. Die muss
doch fehlernährt sein. Wie gerstig und grünkernig die aus der Strickwolle
schaut! „WinnVegan"
ist da anders. Dieses Winnender Bündnis sucht offensiv die Öffentlichkeit
und lud unlängst zum Vegan-Brunch. Jeder sollte was fürs rein
pflanzliche Büfett mitbringen. Fast
wäre die Zeitung dort aufgetaucht. Um Nahrung zu suchen für
den Verdacht, dass der Verzicht auf ein „Stück Lebenskraft" (Metzgerwerbung)
das aus Veganern macht, was sie sind. Veganer halt. Man weiß es ja. Indes:
Die Befassung mit diesem gefundenen Fressen fiel aus. Jäh, plötzlich.
War mir einfach nicht mehr möglich. Und
das kam so: Ich, die Sofa-Kartoffel, hab nicht schnell genug die Fernbedienung
des Fernsehers gefunden. Das schläfrige Auge sieht einen glänzenden
Körper. Es zoomt sich einen Muskelberg heran. Das Ohr schaltet wieder
auf Empfang, ich vernehme: Es handelt sich um den Bizeps von Alexander
Dargatz, Weltmeister im Bodybuilding. Arzt ist er von Beruf, zum Spezialisten
in Ernährungsfragen hat er sich erklärt. Und schon hock ich kerzengrad
vor dem Kasten: Der Mann ist überzeugter Veganer. Ihm fehle nichts.
Er habe alles. Er brauche kein Frühstücksei und kein Steak. Wegen
ihm soll kein Tier leiden. Seitdem
leide ich. Ein gesundes Vorurteil kann so nahrhaft sein. Jetzt ist es
mir genommen. Aber
aus jeder Glaubenskrise erwächst auch das Rettende. Ich habe voller
Tapferkeit im Kantinen-Essensplan für kommende Woche das fleischlose
Angebot gewählt. Okay, nur für einen Tag. Erstmal. Zunächst. Habt
Gnade mit mir Sünder. |
Das Publikum war neugierig, wusste schon viel im Voraus: Dass Veganer strenger sind als Vegetarier, dass Veganer auch auf Milch und Eier verzichten, selbst auf Honig. Was das Publikum an diesem Abend noch erfuhr: Der Verzicht macht die Leute gar nicht missmutig. Fit, gut gelaunt, wohl genährt traten vier Veganer vors Publikum und erzählten, wie sie leben. Allen voran die Winnenderin Gudrun Obleser, die einzige aus der Großelterngeneration. Seit zehn Jahren lebe sie vegan, aber sie verzichte nicht auf Genuss: „Ich esse gerne gut und koche gerne, was man mir vielleicht ansieht.“ Mangelerscheinungen wird ihr niemand unterstellen können. „Ich persönlich empfinde es so, dass durch das vegane Leben ein großes Gefühl der Freiheit entsteht“, sag sie. Sie muss nicht mehr Tätigkeiten delegieren, die sie selbst nie ausführen würde: „Wir delegieren permanent: Töte für mich dieses Tier, damit ich es auf dem Teller habe.“
Aber die Milch? Werden für die Milch Tiere getötet? Die Veganer nehmen es genau. Milchkühe kalben und die Kälber werden früh geschlachtet fürs Kalbfleisch. Tiere werden getötet, damit der Mensch Leder bekommt. Selbst der Wollschafe Leben endet, wenn der Schäfer es will. Somit erklärte Silke Bott, eine junge Veganerin und Pädagogik-Studentin aus Karlsruhe, warum Veganer auf alle tierischen Produkte verzichten. „Warum kein Ei?“, fragt Silke Bott und erklärt es gleich: Weil das Legehuhn nach einem Jahr zum Suppenhuhn wird.
Bott kritisiert auch die Befruchtungsmethoden in Rinder- und Schweinzucht. Kühe würden fast nur noch künstlich befruchtet. Und von Schweinen sei bekannt, dass die weiblichen Tiere wählerisch seien bei Sexualpartnern. „Aber in der Zucht werden die Schweine angebunden, die schreien. Ich sage: Sie werden vergewaltigt.“
Alle Wirbeltiere seien leidensfähig. „Menschen essen wir nicht, aber wir essen Schweine und Rinder. Das muss man begründen.“ Die alte Aussage: „Menschen haben schon immer Fleisch gegessen“, genügt Silke Bott nicht. „Menschen haben auch Sklavenhandel und Kannibalismus betrieben und haben damit aufgehört.“ Wer Leid und Tod der Tiere nicht verantworten wolle, der könne umdenken- soweit die moralische Argumentation fürs vegane Leben.
Ökologisch untermauerte C.K. sein Veganertum. „Bei der Fleischproduktion werden sehr viele pflanzliche Kalorien umgewandelt in sehr wenige tierische Kalorien.“ Brasilien holze Regenwälder ab, um Soja pflanzen zu können, das dann an Tiere verfüttert werde. „Brasilien könnte seine Bevölkerung zehnmal ernähren, wenn es die Soja nicht für Masttiere verwenden würde, die dann in reichen Industrieländern gegessen werden.“ Zudem erinnerte C.K. an den neuesten UN-Bericht zur Klimaerwärmung. Da stand in den Zeitungen ganz nebenbei, dass auch Methan aus den Rinderfarmen den Treibhauseffekt antreibt. „Genauso wie das CO2 ist das Methan schädlich, das von Rindern ausgeschieden wird. Die Tierprodukte-Industrie ist der größte Klimaerwärmer.“ Und da rede Frau Merkel immer vom CO2 bei den Autos...
Gesundheitliche Gründe haben die Veganer auch noch: „Ich habe fünfeinhalb Jahre das vegane Leben durchgehalten. Ein Ernährungswissenschaftler hatte mir prophezeit: Mehr als fünf Jahre ginge das nicht“, meinte Kilian Dreißig aus Stuttgart. „Vegan leben ist total toll. Man lernt Unmengen als neuen Nahrungsmitteln kennen, man kriegt ein deutlich besseres Körpergefühl. Das Sättigungsgefühl normalisiert sich“, erzählte C.K., der aus Wien nach Winnenden kam. Die einzige Mangelerscheinung, die die Veganer für möglich halten: Das Vitamin B12 sollte bei rein pflanzlicher Kost als synthetischer Zusatzstoff hinzugenommen werden, empfahlen sie. Studien hätten noch nicht eindeutig geklärt, ob man auf solche Zusätze verzichten kann.
Das Publikum, darunter viele Leute im Alter um die 20, nahm die Aussagen
interessiert auf. Die meisten im Publikum leben bereits vegetarisch, viele
auch schon vegan. Und am Speisen-Tisch bei rein pflanzlicher Wurst, Weizen-Eiweiß,
einem Pflaumenkuchen, der ohne tierische Fette gebacken wurde, und der milchfreien
Edelschokolade wurde diskutiert.
Ganz normale Leute
Küken landen in der Gaskiste
Betr.: „Gehört und notiert" vom 10. März.